Lesestoff


Überleben auf Festivals

"Expeditionen ins Rockreich" von Oliver Uschmann

(Heyne Hardcore 2012) Als heute 42jähriger ist Oliver Uschmann eigentlich schon ein Open Air-Veteran. Schnuppert man in das Festivalbuch des Literaturwissenschaftlers (dafür schreibt er angenehm unverkrampft) und Musikjournalisten, erkennt man gleich, dass er so einiges zwischen dem norddeutschen Wacken und dem bayerischen Chiemsee erlebt haben dürfte. Seine vor acht Jahren veröffentlichten "Expeditionen ins Rockreich" sind bis heute aktuell geblieben. Ein ebenso augenzwinkernder wie kurzweiliger Lesespaß.

 

 Er kennt sie, die harten Jungs vom Zelt nebenan, die einem nachts den Alkohol wegtrinken und mit der Freundin anbändeln wollen. Die Fachmänner, die einem mit noch so unwichtigen Anekdoten ihrer Lieblingsbands das Ohr abkauen oder den "Kümmerer", der jegliche Kreativität erstickt, indem er für alle in der Clique den kompletten Festivalablauf vorplant. Der "Trommler" wird natürlich ebenso wenig vergessen wie der "Vandale", der erst Ruhe gibt, wenn sich die Kabelbinder der Security um seine Handgelenke schließen. Uschmann widmet ihnen allen kurzweilige Texte und setzt als augenzwinkerndes Sahnehäubchen gleich noch eine Song-Playlist obendrauf, die zu den soeben sezierten Protagonisten passt. Darüber hinaus werden auch noch diverse Verhaltensrituale ("Helgaaaa !!") auf Festivals sowie die Gattungen der Musiker, die dort auftreten, beleuchtet. Die Camping- und Wohnmobilplätze sind neben dem Festivalessen ebenfalls ein Thema, und last but not least wird noch ein Blick auf die bei Open Airs allgegenwärtige Security geworfen. Das alles ist zum Brüllen komisch geraten und liest sich enorm unterhaltsam.

 

  Oliver Uschmanns 368seitiges Buch „Überleben auf Festivals“ ist eine herrlich überspitzte Satire über das gängige Klischeebild, das man so von der deutschen Festivalszenerie hat. Dass dabei dennoch einiges an Wahrheitsgehalt drin steckt, wird den vermutlich dauergrinsenden Festivalgängern unter den Lesern ziemlich schnell dämmern. Das bislang beste Buch über deutsche Open Airs, an dem sowohl Festivalneulinge als auch alte Hasen ihre Freude haben dürften.

 

 

Miche Hepp