Ich habe etliche Platten von Van Morrison, Willy DeVille, Garland Jeffreys, John Hiatt und Elvis Costello im Schrank stehen. Da war klar, dass ich unbedingt mit dabei sein muss, wenn Joe Camilleri das nächste Mal zwischen Alb und Alpen auftaucht. Sage und schreibe 50 Alben hat der Mann während seiner mehr als 50jährigen Laufbahn als Profimusiker aufgenommen. Davon allein 22 mit THE BLACK SORROWS, mit denen er am 22. September im Konstanzer Kulturzentrum "K 9" angekündigt war. Umso größer die Überraschung, dass an diesem Abend lediglich 40 Besucher die australische Rockband live erleben wollten, zumal sich Camilleri und Kollegen in Deutschland und der Schweiz normalerweise auf eine treue Fangemeinde verlassen können.
Doch THE BLACK SORROWS ließen sich vom derzeit grassierenden "Long Covid"-Syndrom der Konzertbranche nicht den Spaß verderben. Diejenigen die gekommen waren, erlebten eine typische Clubband, die trotz zwei Millionen verkaufter Tonträger, auch vor so einer bescheidenen Kulisse alles zu geben bereit ist.
Schon nach wenigen Minuten herrschte im "K 9" echte Konzertatmosphäre mit tanzenden Menschen vor der Bühne, denn das Quintett aus Melbourne steht für eine Melange mit besonderer Signatur. Ihr eingängiger Roots-Rock, der Rock’n Roll, Soul, Blues und Country gleichermaßen verinnerlicht hat, macht einfach gute Laune. Joe Camilleri hat eine seit Jahren stabile Formation mit exzellenten Musikern um sich geschart, die sich auf der Bühne blind verstehen und ihr Repertoire mit viel Schwung, lockerem Groove und Gefühl gleichermaßen rüberbringen. Neben dem bewährten bandeigenen Rock-Ohrwurm "Daughters Of Glory" und dem ebenso druckvoll gebrachten Bob Dylan-Cover "Silvio" hatten THE BLACK SORROWS an diesem Abend am Bodensee auch einige balladeske Nummern auf der Setliste stehen, die den souligen Gesang ihres Frontmannes in den Mittelpunkt stellten. Das packende "Livin Like Kings" vom aktuellen BLACK SORROWS-Album "Saint Georges Road" - übrigens Joe Camilleris 50. Album (!!!) - unterstrich wie der balladeske Titeltrack die außergewöhnlichen Songschreiber-Qualitäten des 74jährigen Bandleaders.
Von Camilleris erster in Europa bekannter Band Jo Jo Zep & The Falcons - sie wurde Ende der 70er-Jahre als australische Antwort zu Elvis Costello & The Atrractions und Graham Parker & The Rumour gehandelt - war der 1979er-Chartserfolg "Hit And Run" zu hören. Der Blues ist im Roots-Rock von THE BLACK SORROWS natürlich auch immer ein Thema und an diesem Abend unter anderem mit Willie Dixons Gassenhauer "Little Red Rooster" vertreten. Mit ihrer Version des jamaikanischen Rocksteady-Hits "(I’m In A) Dancing Mood" von Delroy Wilson und einem als Zugabe herausgerotzten "Satisfaction" beendeten die fünf Australier nach gut
90 Minuten ein fulminantes Set, das vor allem eines klar machte: Wer auf zeitlos gute Rockmusik steht, sollte unbedingt ein Konzert von THE BLACK SORROWS ansteuern.
Text und Fotos: Miche Hepp
Diesen Text habe ich im Gedenken an Hans Dangel vom Bad Saulgauer "Franziskaner" geschrieben. Er hatte ein Konzert mit THE BLACK SORROWS für September 2020 fest eingeplant, dann kam die Pandemie dazwischen. Am 4. Januar 2022 ist Hans Dangel überraschend gestorben und hinterlässt mit seiner Vorliebe für echte, handgemachte Livemusik als Veranstalter und Musikfan eine Riesen-Lücke in der Clubszene zwischen Stuttgart und Zürich. THE BLACK SORROWS hätten Dir sicher sehr gut gefallen Hans!
Hier geht's zum Rockpalast-Auftritt vom Oktober 2019 mit dem Line-Up der BLACK SORROWS, das auch in Konstanz am Start war.
Das aktuelle Line-Up der Black Sorrows:
Joe Camilleri (Leadvocals, Guitar, Saxophone),
Claude Carranza (Leadguitar, Backing-Vocals),
James Black (Keyboards, Backing-Vocals),
Tony Floyd (Drums, Backing-Vocals),
Mark Gray (Bass, Backing-Vocals).