Konzert-Review


Rockmusik als Zeitmaschine

The Proper Ornaments aus London erweisen sich bei ihrem Gig im Neu-Ulmer "Das Gold" als Grenzgänger zwischen den Jahrzehnten

Am 28. Oktober 2022 waren THE PROPER ORNAMENTS in Neu-Ulm angekündigt. Ein guter Grund "Das Gold" anzusteuern, hatte sich die Londoner Band doch mit einem atmosphärischen Sound zwischen Shoegaze, Garagenrock und Britpop europaweit einen Namen in Insiderkreisen gemacht. Jedenfalls war der kleine Kellerclub in der Augsburgerstraße bei unserer Ankunft schon ordentlich gefüllt, und das altersmäßig gut gemischte Publikum harrte bei einem Drink oder einem kühlen Bier der Dinge, die da kommen sollten.

 

Stilistisch lagen The Proper Ornaments zwischen dem psychedelischen Garagenrock der späten 60er-Jahre und dem britischen Post-Punk der frühen 80er-Jahre.
Stilistisch lagen The Proper Ornaments zwischen dem psychedelischen Garagenrock der späten 60er-Jahre und dem britischen Post-Punk der frühen 80er-Jahre.

 Nach dem Vorprogramm von DRIFT überzeugten THE PROPER ORNAMENTS mit einem kurzen, knackigen Set, bei dem Einflüsse von The Velvet Underground und den frühen Pink Floyd bis hin zu Oasis durchschimmerten. Eigen in der Gangart, mit auf das Notwendigste reduziertem Rock’n Roll in klassischer Quartettbesetzung. Angenehmes Understatement von Seiten der Band, Reduktion, auch mal langsame Sachen und viele Mollakkorde. Das Songmaterial verströmte eine geheimnisvolle Aura, wobei das Repertoire sowohl sphärische Melancholie als auch kantigen Garagensound bereit hielt. Während ihre psychedelisch angehauchten Gitarrenrock-Nummern als Studioversionen wie in einem ruhigen Fluss dahingleiten und eine melancholische Atmosphäre verströmen, schlugen die Briten live eine härtere Gangart ein. Die beiden gut aufeinander eingespielten Gitarristen James Hoare und Max Oscarnold (aka Max Claps) ließen sich sogar in jam-artige Passagen treiben, in denen sie mit teils richtig coolen Gitarrenlicks überraschten. Es war zu spüren, dass Hoare und Oscarnold in dieser Band seit mehr als zehn Jahren intensiv zusammenarbeiten. 

 

The Proper Ornaments-Bassistin Nathalia Bruno präsentierte im Vorprogramm ihr Soloprojekt Drift, von dem bisher zwei Alben und eine EP erhältlich sind.
The Proper Ornaments-Bassistin Nathalia Bruno präsentierte im Vorprogramm ihr Soloprojekt Drift, von dem bisher zwei Alben und eine EP erhältlich sind.

 THE PROPER ORNAMENTS hören es nicht so gerne, wenn ihre Musik als "Vintage" oder "retro" bezeichnet wird. Auf ihren Platten konnten sie sich noch nie so recht entscheiden, ob ihre Musik nun um den Psychedelic-Pop der Sixties oder die New Wave der frühen Eighties kreisen soll. Deutlich rockiger als auf Platte und ein bisschen wie "London 1969" hat es sich live dann aber schon angefühlt. Daran hatte dieser kleine Neu-Ulmer Kellerclub mit seinem Retro-Charme natürlich auch seinen Anteil. Getanzt wurde übrigens von Beginn an. Das Publikum ließ sich mitreißen und hatte sichtlich Spaß am rohen Gitarrenrock der vierköpfigen Band.

 

 Zuvor stellte Proper Ornaments-Bassistin Nathalia Bruno ihr Soloprojekt DRIFT vor. Mit Gitarrist Max Oscarnold an ihrer Seite präsentierte sie sich live weit weniger sphärisch als auf ihrem Debütalbum "Symbiosis". Ihre zwischen New Wave und Chanson verorteten Songs erinnerten etwas an die frühen 80er-Jahre, als tanzbarer Elektro-Pop neu, spannend und innovativ war. Bisweilen klang das, als ob Fad Gadget und Lana Del Ray ein gemeinsames Projekt gestartet hätten, wobei das circa halbstündige Set durch die Improvisationen des Gitarristen einen durchaus experimentellen Charakter hatte. Kompromisse mit dem Mainstream wurden zumindest an diesem Abend nicht geschlossen.

 

 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass "Das Gold" ein exzellentes Konzertprogramm mit internationalen Acts bietet, das dem viel strapazierten Begriff "Independent" jederzeit standhält. Lobenswerterweise bucht Programmplaner Rolf Göggelmann auch immer wieder Bands aus Ulm und um Ulm herum. Mehr Infos gibt's unter www.dasgold.org oder bei der Facebookseite des Clubs.  

 

Last but not least noch ein dickes Dankeschön

an Rolf für die problemlose Akkreditierung.

Hat mich sehr gefreut, Dich mal wieder zu treffen !!

 


Text: Miche Hepp
Fotos: Marian Hepp