Konzert-Review


Rock in Reinkultur

Uriah Heep überzeugt mit dem Songmaterial des neuen Albums - stimmige Zeitreise in die Sixties mit The Zombies

Am 10. November rockten zwei legendäre Formationen in der altehrwürdige Oberschwabenhalle, die auf den ersten Blick so gar nicht zueinander passen wollten. Doch trotz musikalischer Unterschiede hat die Chemie an diesem Abend gepasst. URIAH HEEP können sich in Deutschland immer noch auf eine treue Fangemeinde verlassen. Der in der Halle abgetrennte "Oberschwaben-Klub" war zwar nicht ausverkauft, aber gut gefüllt. Vor rund 1000 Besuchern unterstrich die Londoner Band eindrucksvoll, dass sie trotz des fortgeschrittenen Alters ihrer Musiker noch voll im Saft steht und locker im aktuellen Hardrock-Biz mitmischen kann. Zuvor konnte man mit THE ZOMBIES eine echte Legende aus den Sixties erleben, deren Deutschland-Tourneen in den vergangenen 50 Jahren sehr rar gesät waren. Das ebenfalls noch ziemlich vitale Quintett um die beiden Gründungsmitglieder Rod Argent und Colin Blunstone spielte seine großen Hits und hinterließ dabei einen überaus sympathischen Eindruck.

 

Hochkarätiges Vorprogramm: The Zombies mit Keyboarder Rod Argent und Sänger Colin Blunstone feierten in der Ravensburger Oberschwabenhalle auch ihre beiden Welt-Hits "Time Of The Season" und "She Not There" ab.
Hochkarätiges Vorprogramm: The Zombies mit Keyboarder Rod Argent und Sänger Colin Blunstone feierten in der Ravensburger Oberschwabenhalle auch ihre beiden Welt-Hits "Time Of The Season" und "She Not There" ab.

 Pünktlich um 20 Uhr schlendern THE ZOMBIES ganz entspannt auf die Bühne und rocken mit dem Bo Diddley-Cover "Roadrunner" gleich mal ordentlich los. Direkt danach die nur in den USA veröffentlichte Single "I Want You Back Again", lässig vorgetragen von Sänger Colin Blunstone, dessen Stimme in all den Jahren nicht gelitten hat. Schnell wird klar, hier steht eine Band auf der Bühne, die niemandem mehr etwas beweisen muss. Blunstone und Organist Rod Argent sind beide 73 Jahre alt und gehören mit ihren frühen Erfolgen zu den Pionieren der Beat-Ära. Ihr damals jedoch erfolgloses 1968er-Album "Odessey & Oracle" wird gleich mit mehreren Songs gewürdigt. Es gilt heute als Meilenstein des Brit-Pop und wurde gerade vom Magazin "Rolling Stone" zu den 100 wichtigsten Alben aller Zeiten gewählt. Kurz nach der Veröffentlichung vom Misserfolg gefrustet, lösten sich THE ZOMBIES auf. Der erst später als Single ausgekoppelte Song "Time Of The Season" wurde ironischerweise zum Welthit und verkaufte sich nach dem Bandsplit mehr als fünf Millionen mal. Von der Band wird der Evergreen an diesem Abend erstaunlich früh gebracht. Danach kündigt Colin Blunstone die Ballade "Old And Wise" aus seiner Zeit als Sänger bei Alan Parsons Project an. Rod Argent setzt mit "Hold Your Head Up", dem größten Chartserfolg seiner gleichnamigen Band Argent, ein hardrockiges Ausrufezeichen, bei dem das Publikum kräftig mitsingt. Die ausladende Live-Version gibt der gut aufeinander eingespielten Band die Gelegenheit zu einer kleinen Jam im Mittelteil des heute zu Unrecht fast vergessenen 70er-Hits. Bevor sie nach 60 Minuten mit herzlichem Applaus verabschiedet werden, spielen THE ZOMBIES noch ihren ersten großen Hit "She's Not There".

 

Der Kanadier Bernie Shaw, bereits seit 32 Jahren Frontmann bei Uriah Heep, war auch diesmal wieder ganz nah dran am Publikum.
Der Kanadier Bernie Shaw, bereits seit 32 Jahren Frontmann bei Uriah Heep, war auch diesmal wieder ganz nah dran am Publikum.

 Gegen 21.30 Uhr kommt URIAH HEEP auf die Bühne und macht mit dem Album-Opener "Grazed By Heaven" aus der neuen Scheibe gleich mal klar, dass hier keine dieser dusseligen Oldie-Partys stattfindet. "Living The Dream", das neue Werk, ist auf Platz 10 der deutschen Albumcharts eingestiegen, und das scheint die Londoner Hardrock-Urgesteine so zu freuen, dass sie sechs Songs von ihrem neuen, überaus dynamischen Werk spielen. Die Botschaft: Wir sind keine Oldie-Combo, sondern immer noch eine echte Hardrock-Band, und wer auf "Free Me" hofft, der wartet vergeblich! Drummer Russell Gilbrook bearbeitet sein Drumset, als spiele er um sein Leben. Er peitscht mit seinem Drive die anderen Musiker regelrecht nach vorne, und die lassen in Punkto Power und manchmal leider auch in Sachen Lautstärke aber auch gar nichts anbrennen. Höchst agil auch der stets gutgelaunte Sänger Bernie Shaw, der trotz seiner 62 Jahre wie immer unermüdlich auf der Bühne umher tigert und den Kontakt zum Publikum pflegt. So wird Rock'n Roll gelebt. Band-Urgestein Mick Box - das einzige verbliebene Gründungsmitglied - rockt dagegen mit der Gelassenheit, die eine 50jährige Bühnenlaufbahn so mit sich bringt. Ein Späßchen hier, ein schelmisches Grinsen da. So fast nebenbei jagt er noch richtig scharfe Gitarrenriffs aus seinen Amps und zeigt sich auch bei den Soli noch erstaunlich fingerfertig.

 

Gitarrist Mick Box brachte als einzig verbliebenes Originalmitglied die Band, als sie schon abgeschrieben schien, wieder auf Kurs. In Ravensburg trat Uriah Heep seit der Bandgründung erst drei Mal auf: 1978, 2008 und 2018.
Gitarrist Mick Box brachte als einzig verbliebenes Originalmitglied die Band, als sie schon abgeschrieben schien, wieder auf Kurs. In Ravensburg trat Uriah Heep seit der Bandgründung erst drei Mal auf: 1978, 2008 und 2018.

 "Too Scared To Run" vom starken 1982er-Album "Abominog" passt mit seinem Metal-Touch gut zu den neuen Songs. Dann kommt die Zeit der bandeigenen Klassiker. "Gypsy", "Look At Yourself", "July Morning" und "Sunrise" werden von den fünf gut aufgelegten Briten gemeinsam mit den nun etwas lauter werdenden Fans abgefeiert. Zuvor bot die Setliste mit "Return To Fantasy" und "Rainbow Demon" lediglich zwei von den vielen alten Songs aus den glorreichen 70er-Jahren auf. Vielleicht etwas enttäuschend für Fans, die an diesem Abend den Soundtrack ihrer Jugend erwartet haben, hatte die Band in den vergangenen Jahren doch weitaus mehr ältere Songs gespielt.

 

 Der ewige Gassenhauer "Lady In Black" wird mit dem Publikum als riesigem Chor zelebriert und "Easy Livin'" ist wie erwartet die gepfefferte letzte Zugabe. Kurz, hart, effizient. So kann es mit URIAH HEEP noch eine Weile weitergehen.

 

 Das nächste Konzert in Ravensburg mit britischem Classic-Rock aus den 70er-Jahren findet am 16. April statt. Im gediegenen Ambiente des Konzerthauses werden BARCLAY JAMES HARVEST feat. LES HOLROYD Hits wie "Hymn", "Child Of The Universe" oder "Poor Man's Moody Blues" präsentieren. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. 

 

An dieser Stelle nochmals vielen Dank an das Team von

"live.in.Ravensburg" für die Akkreditierung zum Konzert!

 


Text und Fotos: Miche Hepp