Auf die seit Jahren bewährten Kernkompetenzen Ska, Reggae und Punkrock hat man sich am letzten Aprilwochenende bei der 17. Ausgabe des beliebten QUERBEAT FESTIVALS am 25. und 26. April in Unterwaldhausen konzentriert. Einige der Besucher waren zum Teil mehrere hundert Kilometer weit nach Unterwaldhausen angefahren.
Die Stimmen aus dem Publikum zum dies-jährigen Line-Up waren vielschichtig. Zu wenig Weltmusik und Experimentelles. Zu viel Ska. Zu wenig Punkrock. In einem waren sich aber dann doch alle einig. Das QUERBEAT FESTIVAL ist unabhängig von den Details im Line-Up, schon allein wegen seiner ureigenen Chemie und den guten Vibes einen Besuch wert. Und mal ehrlich, bei allen Diskussionen über das Programm ist Fakt, dass dieses Festival mit seiner speziellen stilistischen Ausrichtung in der regionalen Musikszene längst eine herausragende Rolle spielt, denn wann sonst verirren sich Metro-polen-Bands wie in diesem Jahr THE INCITERS, BIM SKALA BIM oder DAVE HILLYARD & THE ROCKSTEADY 7 in die tiefste oberschwäbische Provinz. In diesem Jahr kannte ein Großteil des Publikums die meisten Acts nicht und man hatte das Gefühl, dass sich beide Seiten zu Beginn der Livesets zuerst einmal gegenseitig abtasteten. Ein Besucher meinte sogar, er habe mit MOSKOVSKAYA und BAD SHAKYN vorab nur zwei Bands aus dem gesamten Line-Up gekannt. Dennoch war er hochzufrieden.
Bereits am frühen Abend brachten THE CABARATS das zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreich anwesende Publikum mit ihrem in die Beine gehenden Mix aus Weltmusik, Reggae und Ska zum Tanzen. Schön zu sehen, dass beim Auftritt der Band aus dem britischen Plymouth erstaunlich viele Familien mit ihren Kindern vor der Bühne mittanzten. Danach war das obli-gatorische Heimspiel der Unterwaldhauser Ska-Formation MOSKOVSKAYA angesagt, was immer eine besondere Party ist. Für die Fangemeinde vor allem ein nostalgisches Vergnügen, denn bandeigene Mitsing-Hymnen wie "Königin der Nacht" oder "Banana Banana" haben in-zwischen schon mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Buckel. Live bringen die Local-Heroes immer noch eine enorme Power auf die Bühne. Danach unterstrichen TOS bei ihrem ersten längeren Auftritt seit zehn Jahren, dass sie nach wie vor die oberschwäbischen Könige des Alternative-Rocks sind. Es war laut, energiegeladen und mitreißend. Das "Wo ist die Party"-Intermezzo hätte es zwar nicht gebraucht, dafür entschädigten in diesem "Best Of-Set" schöne bandeigene Ohrwürmer wie "On Top Now", "Jaded", "Follow" oder "Beings". Der abgemixte Sound hätte für mein Gusto jedoch ruhig etwas klarer im Zelt ankommen können. Jeden-falls erhielt TOS eine gute Resonanz beim Ska-, Punk- und Reggae-affinen Publikum. Chris Brauchle, Lui Sessler, Joe Eisenlauer und Martin Wiedergrün hatten sichtlich viel Spaß bei ihrem Comeback. Man darf gespannt sein, was da bald noch auf uns zukommt.
Alle Zeit der Welt zum Aufbau ihrer Backline schienen danach die Reggae-Urgesteine von CIMARONS zu haben. Schließlich handelt es sich hier um die erste, von jamaikanischen Ein-wanderern gegründete Reggae-Band Europas. Nach langer Umbaupause beschallte die seit 1967 aktive Londoner Formation das Zelt mit zeitlosem Roots-Reggae und bandeigenen Klassikern wie "Harder Than The Rock". Ebenfalls abgefeiert wurde Bob Marleys "Talking Blues", mit dem CIMARONS einen Nummer 1-Hit in Jamaika landen konnten. Einige im Publikum empfanden deren gemächliche Gangart zwar als zu lahm, dafür hat ihr Sound lässig gegroovt und er zauberte Sonne ins Herz. Roots-Reggae ge-winnt in unserer schnellebigen Zeit eben keinen Hochgeschwindigkeits-Preis mehr.
DAVID HILLYARD & THE ROCKSTEADY 7, die danach auf die Bühne gingen, hatte wohl niemand so richtig auf dem Schirm. Die perfekt aufeinander eingespielte sechsköpfige
Formation aus New York City überraschte mit instrumentalem Ska, Reggae und Rocksteady Beat, der eine angenehm jazzige Note hatte. Das Ganze hat zudem auch noch gegroovt wie die Sau. Für mich der
spieltechnisch brillanteste Liveact des Abends. Als weit nach 1 Uhr nachts die als neuer Hoffnungsträger der Wiener Rockszene gefeierte Band LEFTOVERS loslegte, hatten sich die
Reihen im Publikum schon deutlich gelichtet. Mit verzerrten E-Gitarren und ihrer extravaganten Bühnenpräsenz unterstrich die irgendwo zwischen Punkrock, 90er-Grunge und 80er-Wave-Pop verortete
Kombo nochmals die stilistische Vielseitigkeit des Festivalfreitags.
Tags darauf eröffneten THE INCITERS mit ihrem „60ties influenced Northern Soul“ das Live-programm auf der großen Zeltbühne. Eigentlich komisch, dass man diese sehenswerte elf-köpfige Band aus San Francisco nicht später am Abend eingeplant hat. Beim souveränen Auftritt der Ska-Urgesteine BIM SKALA BIM aus Boston war die ganze Routine ihrer 40jährigen Bandge-schichte spüren. Die Formation braucht nie-mandem mehr etwas beweisen, das spürte man bei ihrem lässigen, abwechslungsreichen Auf-tritt, bei dem mehr als einmal die englische Two-Tone Welle der frühen 80er-Jahre als stilprägender Einfluss durchschimmerte. SIR REG aus Schweden servierten mit ihrem gerad-linigen und harten Celtic-Punkrock endlich den Abgeh-Sound, auf den viele im Publikum ge-wartet hatten. Dementsprechend viel Bewegung herrschte vor der Bühne. Danach hatten die Lokalmatadoren BAD SHAKYN mit ihrem energiegeladenen Tempo-Ska leichtes Spiel. Es war noch voller im Zelt, man hatte das Gefühl, ganz Unterwaldhausen lässt sich dieses Spektakel nicht entgehen.
Mit ANDA MORTS und seiner gleichnamigen Band war der zweite österreichische Act des Wochenendes angesagt. Im Gegensatz zum leicht exaltierten Auftreten der Wiener Szene-Darlings LEFTOVERS am Vorabend, kam der Bassist und Sänger aus Linz mit seinem rauen Punkrock angenehm bodenständig und authentisch rüber. Das war wuchtiger, locker aus der Hüfte heraus geballerter Sound mit viel Garagen-Dreck, so-wohl mit Anklängen an die großen Trio-Rock-bands der 70er, als auch an den New Wave der frühen 80er. Dass ANDA MORTS zudem als Intro vom Band Georg Danzers charmanten Kulthit "War das etwa Haschisch?" aus dem Jahr 1980 eingesetzt hat, machte ihn gleich besonders sympathisch. Wohl seine spezielle Ehrerweisung an einen der größten österreichischen Singer/Songwriter, der mit seinem Klassiker den Hype um die jungen, im Dialekt singenden Bands aus Austria auch wieder etwas gerade rückt. ROGERS zeigten als einer der wenigen Liveacts des Wochenendes klare Kante gegen Trump und die Nazi-Spacken in unserem Land. Gut so! Musikalisch boten die vier Düsseldorfer Punkrock der bei weitem nicht so dreckig war, wie man es vorher erwartet hätte. Ein glasklarer Sound war das, mit für Punkrock-Verhältnisse schon fast komplexen Gitarren-Arrangements.
Als letzte Band des Festivals setzte SKAMPIDA weit nach Mitternacht mit ihrem vom Offbeat getränkten Mestizo-Rock nochmals ein kräftiges Ausrufezeichen. "Wild war's", meinte Querbeat-Booker Manne Schlagenhauf hinterher zum furiosen Auftritt der fünf Kolumbianer.
Zum Schluss kommen wir nochmals zu den eingangs erwähnten Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern vor der Bühne tanzten. Sie scheinen dem QUERBEAT über die Jahre die Treue
gehalten zu haben. Wie sie, ist auch das Festival erwachsen geworden und entwickelt sich Jahr für Jahr weiter. Mit seinen ganz eigenen Vibes und musikalischen Eigenheiten. Man darf also gespannt
sein, wer im kom-menden Jahr auf der Bühne steht. Ich bin mir sicher, die Unterwaldhauser werden diesbe-züglich wieder ein gutes Händchen haben. Erste Infos über das Line-Up dürften wir im Herbst
bekommen. Der Termin steht schon jetzt fest. Die 2026er-Ausgabe des QUERBEAT FESTIVALS steigt am 24. und 25. April. Save The Date!
Text: Miche Hepp
Fotos: Marian Hepp